Der Rhythmus des Lebens

Alles muss fließen

 

Es krankt und stockt in so vielen Bereichen. Dennoch tun wir so, also würden wir nicht verstehen, was los ist. Wir haben die Augen verschlossen vor den Wahrheiten des Lebens. Doch ein System kann nur gemäß seiner vorgegeben Parameter funktionieren. Das weiß jeder Mechaniker, jeder Programmierer und Techniker. Eine Lampe leuchtet, wenn Strom fließt – und der fließt nur, wenn es einen Plus- und einen Minuspol gibt. Allerdings scheint dies unsere Gesellschaft vergessen zu haben.

 

Emotionen sollen nur gelebt werden dürfen, wenn sie sich auf einem Stimmungshoch bewegen. Dagegen sollen Gefühle wie Traurigkeit oder Wut nur kurz berührt und möglichst schnell fortgeschoben werden. Wir sollen sie irgendwo in einer Schachtel in unserem Inneren verstecken - gut verpackt und verschnürt. Und all das nur, weil wir das Fühlen genauso wie den Rest der Welt über unsere Wertvorstellungen definieren: Das eine ist gut, also muss das andere schlecht oder gar böse sein. Wir brauchen aber die sogenannten Negativ-Empfindungen. Sie sind für unsere Entwicklung genauso wichtig wie die positiven Sinneseindrücke. Dazu kommt, dass die Erwartung genährt wird, die Gefühlsleiter der „erlaubten“ Gefühle müsse sich noch weiter nach oben bewegen, im stetigen Schritt.

 

Und scheinbar funktioniert das auch, zumindest am Anfang. Zuerst kommen die Körpereigenen Glücks-Hormone zum Zuge, die durch Aktivitäten wie übermäßigen Sport, zu viel an Zucker oder Fleischkonsum erzeugt werden. Oder die Leute sind auf der Suche nach dem nächsten Kick, der nächsten Gefahr, um das Adrenalin im Körper zu erhöhen. Und wenn dort die obere Grenze erreicht ist, geht es mit entsprechend aufputschenden chemischen Stoffen aus der Industrie weiter.

Kein Wunder, dass ich manchmal das Gefühl habe, der Mensch da vor mir ist nicht mehr echt. Selbst sein Lachen und seine Scherze sind aufgesetzt. Es scheint, dass wir nur auf der Jagd nach dem perfekten Gefühl sind, jedoch vergessen haben das aktuelle Gefühl aus zu kosten - mit allen dazugehörigen Varianten! Sobald wir Trauer in uns zu lassen, können wir auch wieder von Herzen froh sein. Wenn wir zu unserer Wut stehen, sie beim Auftauchen möglichst direkt durch körperliche Bewegung entschärfen, verwandelt sie sich nicht in unterschwellige Aggression – ganz anders, als wenn man sie verdrängt und dann glaubt über jeden hetzen zu müssen, der irgendwie anders ist und nicht in unsere Vorstellungen passt.

 

Unser Universum besteht im Grunde nur aus Schwingungen. Im Auf und Ab, als ewiger, zyklischer Verlauf „atmet“ unsere Welt das Leben. Warum also sollten unsere Gefühle dann einen anderen Rhythmus ihr eigen nennen?

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0